Kaiser Augustus und die Suche nach seinem Nachfolger
Augustus, der erste römische Kaiser, war dreimal verheiratet. Sein einziges leibliches Kind, die Tochter Julia, stammte aus seiner zweiten Ehe mit Scribonia. Bei der Suche nach einem Nachfolger stand Augustus vor dem Problem, dass er keinen männlichen Erben hatte.
23 v.Chr. lag Augustus totkrank darnieder. Der Zeitpunkt konnte nicht ungünstiger sein. Innenpolitische Krisen erschütterten das Reich. Man erwartete in Rom, dass Augustus seinen Schwiegersohn, den 19jährigen Marcellus, zum Nachfolger bestimmen werde. Doch der Herrscher gab nur seinen Siegelring dem Agrippa, ohne einen Nachfolger auszuwählen. Agrippa, Augustus Jugendfreund und fähigster General, sollte nie offiziell zum Nachfolger ernannt werden. Aufgrund seiner Loyalität und Autorität wäre er aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Nachfolger des Kaisers im Todesfall geworden.
Agrippa war die einzige Person aus dem Umkreis des Herrschers, dessen Portrait zu dieser Zeit auf Münzen erscheinen durfte. Prägungen der Stadt Nemausus (Nemes in Südfrankreich) zeigen auf der Vorderseite die Portraits von Augustus und Agrippa. Das Krokodil auf der Münzrückseite spielt auf die Siege über Ägypten an. Diese Nemausus-Asse waren streng genommen lokale Prägungen, die aufgrund von Kleingeldmangel im gesamten Westen des Reiches zirkulierten.
Augustus Schwiegersohn Marcellus war kurze Zeit nach der Hochzeit gestorben, ohne dass dem Kaiser Enkel geboren waren. Im Jahre 21 befahl Augustus dem Agrippa die Scheidung von dessen Frau, mit der er bereits mehrere Kinder hatte, und die Heirat mit seiner Tochter Julia. 20 v.Chr. wurde der erste Enkelsohn geboren, drei Jahre später der zweite. Nach dessen Geburt adoptierte Augustus beide Kinder unter den Namen Caius und Lucius Caesar. Dadurch wurde klar, dass er die Dynastie wollte und die beiden jetzt noch unmündigen Kinder zu seinen Nachfolgern vorgesehen hatte.
Zur Feier der Volljährigkeit mit 15 Jahren wurde den Enkeln der Titel princeps iuventutis (Führer der Jungmannschaft) zuerkannt. Dieser Titel wurde speziell für die beiden Knaben geschaffen. Außerdem durften sie sich Consul designatus nennen. Sie waren für das Amt des Consul vorgesehen. Mit der Volljährigkeit des Lucius Caesar 2 v.Chr. begann die Ausgabe eines Münztyps, durch den Augustus allen Bewohnern des Reiches seine Enkel und Nachfolger bekannt machen wollte. Die Denare tragen die Inschrift C. L. CAESARES AVGVSTI F. COS. DESIG. PRINC. IVVENT (Caius und Lucius Caesar, Söhne des Augustus, designierte Consuln, Führer der Jungmannschaft). Sie zeigen die beiden Enkel mit ihren Insignien Speer und Schild, darüber ein Augurenstab und eine Schöpfkelle zum Zeichen, dass beide schon das Amt eines Priesters übernommen haben.
Lucius Caesar starb 2 n.Chr., sein älterer Bruder 18 Monate später. Der Tod beider Hoffnungsträger so kurz hintereinander muss einer der grössten Schicksalsschläge für Augustus gewesen sein. Am 26. Juni 4. n. Chr. adoptierte Augustus Tiberius und Agrippa Postumus, den Bruder der verstorbenen Caesaren.
Tiberius war schon nach dem Tod Agrippas als möglicher Nachfolger vorgesehen. Er hatte sich aber in ein selbstgewähltes Exil nach Rhodos begeben, da er durch die Bevorzugung des Caius Caesar eine Beeinträchtigung seiner Würde sah. Tiberius wurde von Augustus mit solchen Titeln und Ämtern bedacht, dass dies einer Mitregentschaft gleichkam.
In den letzten Jahren seiner Herrschaft erkannte Augustus seinem Nachfolger das Recht zu, Münzen in eigenem Namen prägen zu lassen. Bisher erschienen Portraits möglicher Nachfolger oder verdienter Mitstreiter nur mit Augustus zusammen auf einem Geldstück. Nach dem Todes des Kaisers am 19. August 14 n.Chr. ging die Herrschaft auf Tiberius über.